Leitrohr in der Astrofotografie

Das Leitrohr ist ein zentrales Element für die präzise Nachführung bei Langzeitbelichtungen in der Astrofotografie. Es wird parallel zum Hauptteleskop montiert und dient dazu, durch ein separiertes optisches System eine Guiding-Kamera auszurichten. Damit lassen sich minimale Bewegungen des Himmelsobjekts erkennen und über die Montierung aktiv korrigieren.


Was ist ein Leitrohr?

Ein Leitrohr ist ein kleines Teleskop mit kurzer bis mittlerer Brennweite, das ausschließlich der Nachführkontrolle (Autoguiding) dient. Es bildet zusammen mit einer Guiding-Kamera und entsprechender Software (z. B. PHD2) ein autonomes Überwachungssystem zur Bewegungskorrektur.

Merkmale eines Leitrohrs:


Warum ist ein Leitrohr notwendig?

Bei Langzeitbelichtungen treten selbst bei hochwertigen Montierungen kleine mechanische Ungenauigkeiten auf – z. B. durch Zahnradspiel, Schwingungen oder Temperaturveränderungen. Diese bewirken, dass sich das Bildfeld langsam verschiebt – die Sterne werden zu Strichen statt Punkten.

→ Das Leitrohr erkennt die Drift und korrigiert sie in Echtzeit.
→ So bleiben die Sterne auch bei mehreren Minuten Belichtungszeit punktförmig.


Leitrohr vs. Off-Axis-Guider (OAG)

Merkmal Leitrohr Off-Axis-Guider (OAG)
Aufbau Eigenständiges kleines Teleskop Prisma im Strahlengang des Hauptrohrs
Ideal für Kurze bis mittlere Brennweiten Lange Brennweiten, Spiegeloptiken
Flexibilität Einfach montierbar Kein zusätzliches Teleskop nötig
Empfindlich für Flexion Ja (bei schlechter Befestigung) Nein – nutzt Hauptoptik
Schwierigkeit Einsteigerfreundlich Fortgeschrittene Technik

Aufbau und Komponenten

Typischer Leitrohr-Aufbau

![Leitrohr-Setup Diagramm – auf Anfrage erstellbar]


Auswahl des richtigen Leitrohrs

Wichtige Parameter:

Kriterium Empfehlung
Öffnung 30–80 mm
Brennweite 100–400 mm
Öffnungsverhältnis f/3 bis f/5
Gewicht Möglichst leicht
Fokusierbarkeit Präzise manuell oder Helikal-Fokuser
Stabilität Keine Spiel, keine Flexion

Beispielrechner: Mindestvergrößerung

Für ein effektives Guiding sollte das Verhältnis von Hauptteleskopbrennweite zu Leitrohrbrennweite nicht über 5:1 liegen, besser ≤3:1.

Formel:

Verha¨ltnis=Brennweite HauptrohrBrennweite Leitrohr\text{Verhältnis} = \frac{\text{Brennweite Hauptrohr}}{\text{Brennweite Leitrohr}}

Beispiel:
Hauptrohr = 1000 mm, Leitrohr = 200 mm
→ Verhältnis = 5:1 → noch akzeptabel


Typische Probleme mit Leitrohren


Tipps für perfektes Guiding mit Leitrohr


Beispiel: Leitrohr-Setup mit 200 mm f/4 Newton

Komponente Auswahl
Hauptteleskop 200 mm Newton, 800 mm Brennweite
Leitrohr 50 mm f/4 Mini-Guidescope
Guiding-Kamera ASI120MM Mini
Guiding-Software PHD2
Montierung HEQ5 Pro
Verhältnis Brennweite 800 / 200 = 4:1
Guiding-Genauigkeit RMS-Fehler ca. 0.6″ bei gutem Seeing

FAQ – Häufige Fragen zum Leitrohr

Kann ich auch ein altes Sucherfernrohr als Leitrohr nutzen?

Ja, mit einem passenden Adapter für Guiding-Kamera und wenn Fokusierbarkeit möglich ist. Wichtig: mechanische Stabilität prüfen.

Ist ein Leitrohr besser als ein OAG?

Das kommt auf das Setup an:

Wie befestige ich ein Leitrohr?

Am besten direkt auf der Top-Schiene (z. B. Losmandy, Vixen) des Hauptrohrs mit stabilen Schrauben oder einem Rohrschellensystem.