Polar Alignment – auf Deutsch auch Poljustierung genannt – ist der Vorgang, bei dem die RA-Achse einer parallaktischen Montierung exakt auf den Himmelspol ausgerichtet wird. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung, um den Sternenhimmel mit hoher Genauigkeit nachzuführen – insbesondere bei Langzeitbelichtungen in der Astrofotografie.
In der nördlichen Hemisphäre wird die Achse auf den Himmelsnordpol (nahe Polaris) ausgerichtet, in der südlichen Hemisphäre auf den Himmelssüdpol. Ziel ist es, die Montierung parallel zur Erdachse auszurichten, sodass sich Himmelsobjekte mit nur einer Bewegung (in Rektaszension) verfolgen lassen.
Warum ist Polar Alignment wichtig?
Eine gute Poljustierung verhindert:
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Drift in Deklination bei längeren Belichtungen
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Bildfelddrehung, besonders bei Weitwinkelaufnahmen
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Verzogene Sternabbildungen, selbst bei gutem Guiding
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Autoguiding-Fehlkorrekturen (DEC-Backlash etc.)
Ohne präzise Polausrichtung wird jede Langzeitbelichtung zur Herausforderung. Besonders bei hoher Brennweite, kleinen Pixeln oder schwachem Seeing wirkt sich bereits eine geringe Abweichung negativ auf das Ergebnis aus.
Methoden der Poljustierung
Methode | Genauigkeit | Hilfsmittel | Bemerkung |
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Polsucher (manuell) | ±5′ | Optischer Polsucher mit Skala | Schnell, gut für visuelle Nutzung |
Drift-Alignment | ±1′ oder besser | Kamera oder Okular | Zeitaufwendig, sehr präzise |
Plate-Solving Alignment | ±1′ bis <1′ | AsiAir, NINA, SharpCap | Schnell, sehr präzise |
Software-Assistenten | ±2′ | SynScan, SkySafari, KStars | Praxisnah, oft ausreichend |
All-Sky Polar Finder | ±1–3′ | Handy-App mit Sternbildüberlagerung | Guter Start, aber ungenau |
Ablauf eines typischen Polar Alignments
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Montierung grob nach Norden ausrichten (bzw. Süden auf der Südhalbkugel)
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Höhen- und Azimut-Schrauben anpassen
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Polaris oder Referenzpunkt anvisieren
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Je nach Methode:
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Manuell mit Polsucher auf Position in der Polkreis-Skala einstellen
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Mit Plate-Solving-Tool iterativ die Achse korrigieren
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Mit Drift-Analyse den Deklinationsdrift eliminieren
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Optional: Verfeinerung durch Software-Feedback oder Autoguiding-Testlauf
Bullet Points – Wichtige Hinweise zur Poljustierung
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Polaris ≠ exakter Himmelspol → rund 0.7° Abweichung beachten!
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Plate Solving ist heute der schnellste und genaueste Weg zur Justierung
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Gute Polausrichtung entlastet das Autoguiding deutlich
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Auch bei kurzen Brennweiten sinnvoll – besonders bei Mosaiken und Panorama-Stacks
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Bei Altazimut-Montierungen nicht möglich – hier ist ein Feldrotator nötig
Vergleich: Polar Alignment-Genauigkeit vs. Nachführqualität
Polfehler (Bogenminuten) | Max. Belichtungszeit (ohne Guiding) | Bemerkung |
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>20′ | <30 s | Nur für Weitwinkel nutzbar |
10′ | ~60 s | Für kurze Brennweiten OK |
5′ | 1–2 min | Guiding sinnvoll ab hier |
<2′ | 3–10 min (ggf. ohne Guiding möglich) | Optimalbereich für Astrofotografie |
<1′ | beliebig (mit Guiding) | Idealwert, z. B. via Plate Solving |
FAQ – Häufige Fragen
Ist eine gute Poljustierung auch bei Autoguiding wichtig?
Ja! Ein schlechter Polar Alignment zwingt das Guiding zu ständigen DEC-Korrekturen → Drift, Backlash und Sternverformungen.
Wie lange dauert ein gutes Polar Alignment?
Mit modernen Tools (SharpCap, AsiAir, NINA) unter 5 Minuten. Manuell mit Drift-Alignment: 15–30 Minuten.
Kann ich ohne Sicht auf Polaris poljustieren?
Ja. Plate-Solving-Tools wie SharpCap oder PoleMaster benötigen keinen direkten Blick auf den Polstern, nur ein freies Sichtfeld nahe dem Himmelspol.
Brauche ich bei Weitwinkel-Fotografie eine präzise Poljustierung?
Jein. Bei kurzen Belichtungen (<30 s) und <100 mm Brennweite kann man mit „guter Näherung“ arbeiten. Für Stacks oder Mosaike aber dringend zu empfehlen.
Ist Polar Alignment bei Altazimut-Montierungen möglich?
Nein – sie bewegen sich in Azimut und Höhe. Für Astrofotografie ist eine parallaktische Montierung Pflicht.
Fazit
Polar Alignment ist der unverzichtbare erste Schritt in jedem astrofotografischen Workflow mit einer parallaktischen Montierung. Ohne exakte Poljustierung sind lange Belichtungen, scharfe Sterne und präzises Guiding kaum möglich. Während früher der Drift-Test die einzige präzise Methode war, ermöglichen heute Tools wie SharpCap, AsiAir oder NINA eine schnelle, komfortable und hochgenaue Polausrichtung – selbst für Einsteiger. Wer sauber einnordet, legt den Grundstein für erfolgreiche, frustfreie Deep-Sky-Aufnahmen.