Out-of-Focus bedeutet im wörtlichen Sinne „außerhalb des Fokus“ und bezeichnet in der Astrofotografie ein Bild oder ein Signal, das nicht im Brennpunkt des optischen Systems liegt. Dies kann sowohl unbeabsichtigt auftreten – etwa durch fehlerhafte Fokussierung oder Temperaturschwankungen – als auch gezielt eingesetzt werden, beispielsweise zur Justage oder zur Flatfield-Kalibrierung.

Im ersten Fall gilt „Out-of-Focus“ als Bildfehler, der durch Unschärfe, verwaschene Strukturen oder aufgeblähte Sterne erkennbar ist. Im zweiten Fall ist es eine technisch kontrollierte Methode, bei der ein Objekt (meist ein heller Stern) bewusst außerhalb des Fokus gestellt wird, um bestimmte optische oder sensorbezogene Eigenschaften sichtbar zu machen.


Ursachen für Out-of-Focus-Aufnahmen

1. Unpräzises Fokussieren

Gerade bei lichtstarken Optiken mit kleinen Öffnungsverhältnissen (z. B. f/4) ist der Fokusbereich extrem schmal. Bereits geringfügige Abweichungen – etwa durch händisches Fokussieren oder schwankende Temperatur – führen zu Fokusfehlern.

2. Temperaturdrift

Der Brennpunkt eines Teleskops verschiebt sich mit der Temperatur, vor allem bei Aluminium-Tuben. Ohne Nachfokussierung kommt es über die Zeit zu einem Drift, der das Bild unscharf macht.

3. Unangepasste Fokuslage bei Filtern

Schmalbandfilter (Hα, OIII etc.) verschieben den Fokuspunkt leicht gegenüber Luminanz- oder RGB-Filtern. Wer keine automatische Fokuskorrektur durchführt, riskiert „Out-of-Focus“-Kanäle, was das Stacking erschwert.

4. Mechanisches Spiel

Lose Fokussiereinheiten oder nicht fixierte Adaptionen können zu Fokusverlagerung während der Aufnahme führen – besonders bei langen Belichtungsserien oder sich bewegenden Aufbauten.


Gezielter Einsatz: Out-of-Focus für Kalibrierung und Justage

Out-of-Focus-Aufnahmen werden in der Astrofotografie bewusst eingesetzt, um technische Funktionen zu erfüllen:

1. Justage der Optik (Collimation)

Bei Newton-Teleskopen oder Schmidt-Cassegrain-Systemen kann ein defokussierter Stern helfen, die Ausrichtung von Haupt- und Fangspiegel zu überprüfen. Die sogenannten Beugungsscheibchen (Donut-Muster) zeigen durch Asymmetrien sofort, ob ein Justagefehler vorliegt.

2. Flatfield-Aufnahmen

Beim Erstellen von Flats kann das Bild durch Out-of-Focus-Stellung künstlich „weichgezeichnet“ werden, sodass keine Sterne oder Staubstrukturen scharf abgebildet sind. Das hilft, Sensorflecken und Vignettierung gleichmäßiger zu erfassen, ohne dass Himmelsstrukturen stören.

3. Seeing-Analyse

Durch leichtes Defokussieren kann man das atmosphärische „Flimmern“ (Seeing) besser beurteilen. Die Beugungsringe eines Sterns zeigen durch ihre Instabilität, wie turbulent die Luftschichten sind – nützlich zur Einschätzung der Bildqualität.


Beispiel: Donut-Analyse bei Newton-Collimation

Ein typischer Einsatz ist die Analyse eines Stern-Donuts bei leichtem Out-of-Focus. Hierbei wird ein heller Stern zentriert und leicht defokussiert. Bei korrekter Justage ist das Beugungsscheibchen symmetrisch, die zentrale Abschattung des Fangspiegels gut erkennbar. Ist der Donut asymmetrisch, weist dies auf eine Dejustierung hin, die mit Justierschrauben am Fang- oder Hauptspiegel korrigiert werden kann.


Out-of-Focus vs. Defokus

Im Sprachgebrauch werden „Out-of-Focus“ und Defokus oft synonym verwendet. Technisch ist „Defokus“ ein spezieller Zustand innerhalb der Fokusebene, während „Out-of-Focus“ auch allgemeiner für jede Art von Unschärfe außerhalb des Fokusbereichs steht – etwa durch Temperaturschwankung, Flexing oder schlechtes Seeing.


Vermeidung ungewollter Unschärfe

Um versehentliches Out-of-Focus zu vermeiden, empfehlen sich folgende Maßnahmen:


Fazit

Out-of-Focus ist ein doppeldeutiger Begriff in der Astrofotografie: Als Fehler kann es Bilder ruinieren, als Methode ist es ein nützliches Werkzeug zur Justage, Kalibrierung und Seeing-Bewertung. Wer gezielt mit leicht defokussierten Aufnahmen arbeitet, kann seine Optik besser einstellen und präziser kalibrieren – insbesondere bei der Verwendung hochwertiger Flatframes oder der Spiegeljustierung. Gleichzeitig sollte man alles daran setzen, versehentliches Out-of-Focus durch Drift oder Flexing zu vermeiden, um gestochen scharfe Astrobilder zu erhalten.