Das Okular ist ein zentrales optisches Bauteil im Teleskopsystem und dient dazu, das vom Objektiv (Linsenteleskop) oder Spiegel (Spiegelteleskop) erzeugte reelle Bild für das menschliche Auge oder eine Kamera vergrößert darzustellen. Es handelt sich im Grunde um eine Lupenoptik, die hinter dem Fokuspunkt des Teleskops positioniert wird und so das im Brennpunkt entstandene Bild aufnimmt und vergrößert.
Obwohl in der modernen Astrofotografie die Bildaufzeichnung häufig direkt über Kameras erfolgt, spielen Okulare weiterhin eine wichtige Rolle – sei es für visuelle Beobachtung, zur manuellen Objektzentrierung oder in der Okularprojektion, bei der das Bild über das Okular auf eine Kamera projiziert wird.
Aufbau und Funktionsweise
Ein Okular besteht in der Regel aus mehreren Linsenelementen, die in einer bestimmten Anordnung (Linsenschema) untergebracht sind. Diese Anordnung beeinflusst sowohl die Abbildungsqualität als auch das Gesichtsfeld, die Randschärfe, den Augenabstand und die Farbkorrektur. Zu den bekanntesten Typen gehören:
-
Plössl: klassische Bauform mit symmetrischem Aufbau, meist aus vier Linsen
-
Orthoskopisches Okular: hohe Schärfeleistung, ideal für Planetenbeobachtung
-
Weitwinkel-Okulare (z. B. Erfle, Nagler, Panoptic): mit bis zu 100° scheinbarem Gesichtsfeld
-
Zoom-Okulare: variabel in der Brennweite, oft zwischen 8–24 mm
Das vom Teleskop erzeugte Bild liegt in der Fokalebene – das Okular nimmt dieses Bild auf und erzeugt ein virtuelles Bild, das vom Auge oder einem Sensor wahrgenommen wird. Die Vergrößerung ergibt sich aus dem Verhältnis der Teleskopbrennweite zur Okularbrennweite:
Vergro¨ßerung=Brennweite des TeleskopsBrennweite des Okulars\text{Vergrößerung} = \frac{\text{Brennweite des Teleskops}}{\text{Brennweite des Okulars}}
Beispiel: Ein Teleskop mit 1000 mm Brennweite und ein Okular mit 10 mm Brennweite ergeben eine Vergrößerung von:
100010=100×\frac{1000}{10} = 100 \times
Wichtige Eigenschaften
1. Brennweite des Okulars
Bestimmt direkt die Vergrößerung. Kurze Brennweiten (z. B. 4–10 mm) liefern hohe Vergrößerung, lange Brennweiten (20–40 mm) geringe.
2. Scheinbares Gesichtsfeld (AFOV)
Gibt an, wie „weit“ das Bild erscheint. Klassische Okulare haben ein Gesichtsfeld von 40–50°, moderne Weitwinkelmodelle bis 100°.
3. Augenabstand (Eye Relief)
Entfernung, in der das Auge vom Okular entfernt sein kann, ohne den Bildkreis zu verlieren. Wichtig für Brillenträger.
4. Vergütung
Hochwertige Mehrschichtvergütungen reduzieren Reflexionen und erhöhen den Kontrast – entscheidend für detailreiche Beobachtungen bei geringem Licht.
Anwendung in der Astrofotografie
Auch wenn Okulare in der digitalen Astrofotografie seltener direkt eingesetzt werden, gibt es wichtige Spezialanwendungen:
-
Okularprojektion: Das vergrößerte Bild wird per Kamera aufgezeichnet, etwa bei der Planetenfotografie
-
Zentrierung: Bei der Initialausrichtung des Teleskops oder dem Framing von Objekten
-
Live-Beobachtung: Für spontane Beobachtungsnächte oder visuelle Kontrolle
Moderne Geräte wie das AsiAir, Eagle oder autoguidende Systeme haben die direkte Nutzung von Okularen reduziert, dennoch bleibt ihre Funktion bei der Justage, Fokussierung und bei rein visuellen Beobachtungen von zentraler Bedeutung.
Qualitätsmerkmale und Auswahlkriterien
Nicht jedes Okular passt zu jedem Teleskop. Bei schnellen Öffnungsverhältnissen (z. B. f/4 oder f/5) zeigen einfache Okulare oft Randunschärfen oder Komaeffekte. Hochwertige Okulare mit mehrlinsigem Aufbau und optimierter Korrektur sind hier vorzuziehen. Zu beachten ist auch der Okulardurchmesser – übliche Steckhülsenformate sind:
-
1,25 Zoll (31,75 mm): Standard für die meisten Okulare
-
2 Zoll (50,8 mm): Für große Gesichtsfelder und lichtstarke Optiken
-
0,965 Zoll: Veraltet, kaum noch verwendet
Fazit
Das Okular ist das „Auge des Teleskops“ – sowohl für visuelle Beobachter als auch als Teil vieler fotografischer Verfahren. Auch in der modernen Astrofotografie bleibt es relevant: Sei es als Bestandteil der Okularprojektion oder bei der visuellen Vorbereitung der Beobachtung. Wer Wert auf Bildqualität und Beobachtungskomfort legt, sollte auf hochwertige Okulare mit gut korrigierter Optik, angenehmem Augenabstand und passendem Gesichtsfeld setzen. In Verbindung mit der richtigen Teleskopoptik eröffnen sich so faszinierende Einblicke in die Welt der Sterne, Planeten und Deep-Sky-Objekte.